Kapitel 15: Marlene Dietrich, Ronaldo und Mark Forster
Als Aloscha gegangen war, stellteTanja sich vor die Tür ihrer WG und klopfte. "Ich bin's, Tanja! Macht jetzt auf!"
Isabella öffnete. "Hallo Tanja!", sagte sie und strich sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht.
"Priviet." Tanja nickte ihr kurz zu, dann wandte sie sich an Marlen. "He, Marlen", sagte sie, "bereite dich mal auf Aloscha vor! Der kommt morgen! Koch ihm was! Mach dalli!"
"Okay", sagte Marlen. "Was soll es denn für den gnädigen Herrn sein? Rote-Bete-Suppe mit Dill? Maultaschen mit Frischkäsefüllung und Pflaumensoße?"
"Bisschen kennst du dich schon aus", grummelte Tanja, "aber eine andere Füllung wäre auf jeden Fall erforderlich. Zu Frischkäsefüllung kann ich nur 'Bäh!' sagen. Was hat sie auch in meinen leckeren Piroggen zu suchen?" Sie schüttelte angewidert den Kopf.
"Und was für eine Füllung wäre denn gut?", fragte Marlen.
"Laber doch nicht so viel! Du kannst dir doch denken, welche!", kritisierte Tanja.
Marlen seufzte. "Ja, ja, seitdem du im Gefängnis warst, bist du relativ schlecht drauf", murmelte sie. "Kann ich ja auch verstehen, aber trotzdem..."
Tanja warf ihr einen bösen Blick zu und verschränkte die Arme, um zu zeigen, dass Marlen sich keine Frechheiten erlauben konnte.
Doch Marlen seufzte nochmal und klagte: "Die alten Zeiten sind vorbei. Wusch, vorbei! Weg! Wie sehr ich sie doch vermisse! Damals waren wir drei, Tatiana Zibirskaja, die Russin, Isabella Zharkylsynsyn, die Kasachin, und ich, Marlen Kowalski, die Halbpolin, ein starkes Team, dass sich allen Widrigkeiten stellt! Wir haben immer zusammengehalten! Wenn wir uns, was fast nie vorkam, gestritten haben, vertrugen wir uns immer schon nach wenigen Minuten! Wären diese Zeiten bloß nie vergangen!"
"Marlen! Hör auf zu heulen!", schrie Tanja. "Oder du kommst ins Gulag!" Leiser fügte sie hinzu: "Obwohl es keine mehr gibt. Leider. Ich finde sie gut. Man kann mit ihnen drohen und Angst verbreiten. Na ja, egal. Jetzt hör einfach auf zu heulen, du."
Doch Marlen hörte nicht auf. "Wären diese Zeiten bloß nie vergangen!", wiederholte sie und ging in den Garten. Dort kniete sie sich unter einen Baum.
"Komm sofort zurück!", befahl Tanja. "Ich brauch dich für die Piroggen für Aloscha!"
"Gott", jammerte Marlen, "warum sind die alten Zeiten vergangen? Verrate es mir!"
Keine Antwort.
"Gott, warum antwortest du nicht? Spürst du meine Verzweiflung nicht?", rief Marlen. Unter Tanjas und Isabellas kritischen Blicken faltete sie die Hände und betete.
"Mann, jetzt hör auf! Und bete gefälligst nie wieder, das gehört sich nicht!", sagte Tanja streng. "Egal ob dein Vater aus Polen kommt! Ganz egal! Völlig egal! Man betet nicht zu Gott! Und schon gar nicht vor einer Russin!"
"Ich hab das Beten zu Gott auch noch nie verstanden", murmelte Isabella und beobachtete Marlen.
Da geschah etwas sonderbares: Gott sprach zu Marlen. "Marlen Kowalski, ich stelle dir eine Fage: Warum hast du dich überhaupt mit Tanja angefreundet?", sagte er.
"Gott, was kann ich dafür?", schluchzte Marlen. "Du bist derjenige, dem ich verdanke, was mit mir geschieht und was mit mir geschehen ist! Du bestimmst mein Leben! Warum ist es dir recht, wenn ich Tanja finde, mich mit ihr anfreunde, und schließlich dank ihr leide?"
"Marlen, höre zu! Ich verstehe nicht, wie du leidest!", rief Gott zornig.
"Gott, warum muss ich es dir erklären, wo du mich doch die ganze Zeit beobachten kannst?", rief Marlen. Ihre Tränen rannen nur so über ihre Wangen und sie versuchte nicht einmal, sie zu stoppen.
"Trotzdem! Gehorche! Erkläre es mir!", rief Gott erbost.
"Äh...", begann Marlen und schluchzte einmal laut auf, bevor sie ihr Leid Gott erzählte.
Tom trat hinter dem Baum hervor. "Gott gibt's nicht. Ich hab mit dir geredet", sagte er ernst.
Marlen sah zu ihm hoch. Für einen Moment herrschte Stille, dann warf sie sich vor ihm nieder und rief: "Ich fasse es nicht! Wie konnte ich nur so dumm und einfältig und dämlich und tollpatschig sein, mich vor dir bis auf die Knochen zu blamieren! Und mich niederzuschmeißen und zu beten und zu weinen und zu heulen und zu jammern und zu klagen!" Marlen begann noch bitterlicher zu weinen.
"Tom hatte Recht!", rief Isabella und hob die Faust. "Gott gibt es nicht, er existiert nicht!" Dabei entfaltete sie vor Tanja eine ganz neue Seite, die diese bei ihr noch nie gesehen hatte: Es war eine entschlossene, kriegerische Seite, die noch niemand kannte. In diesem Moment sah Isabella anders aus als die kleine, niedere, obrigkeitshörige Isabella, die stets in Abhängigkeit von Tanja lebte, nein, wie eine ganz andere, kasachische Isabella. Aber als sie ihre Faust wieder senkte, sah sie sofort wieder so klein und abhängig aus.
"Na, na, komm schon!", sagte Tom ärgerlich zu Marlen.
Mit tränenverschmiertem Gesicht stand Marlen auf.
"Jetzt gehen wir zu mir nach Hause und du kannst dich bei dem Sofa ausheulen. Nicht bei mir. Ich halte das echt nicht mehr aus, ehrlich", sagte Tom genervt.
Marlens Gesicht hellte sich auf. "Wie lange kann ich bei dir bleiben?", fragte sie hoffnungsvoll.
Tom seufzte. "So lange du willst."
Marlen umarmte ihn. "Du bist der Beste!", rief sie.
Tom grinste und wurde rot. "Äh... hehe... ja... kann schon sein..."
Maries Handy düdelte. Marie ging ran. "Ja, hallo, hier Marie Schmidt...", sagte sie.
"Hallo Marie! Bist du die Marie, die mit Franziska Müller in einer WG sitzt und einen Ersatz für Stella Sanchez sucht?", tönte es aus dem Handy.
"Ja, die bin ich. Und Franziska ist auch hier. Wer sind sie?", sagte Marie.
"Du kannst mich ruhig duzen. Ich bin Zoe Williams", sagte die Stimme.
"Okay. Kommst du aus Deutschland? Ich schon. Na ja, nicht ganz. Ich bin Viertelbelgierin", sagte Marie.
"Ja, ich komme aus Deutschland, aber ich sehe nicht so aus. Meine Eltern kommen nicht aus Deutschland", sagte Zoe.
"Ja, Stellas auch nicht. Die kommen aus Mexiko. Woher kommen denn deine?", sagte Marie.
"Warum soll ich dir das sagen? Ich kann doch einfach sagen, wie ich aussehe!", sagte Zoe.
"Äh... Okay", sagte Marie überrascht.
"Ich habe braune Augen, kakaobraune Haut und rosa lackierte Fingernägel. Meine Haare sind hellbraun gefärbt und geglättet", erzählte Zoe.
"Aha. Ich schätze mal, deine Eltern kommen aus einem afrikanischen oder karibischen Land und du wurdest in Deutschland geboren. Ist meine Vermutung richtig?", sagte Marie.
"Ja. Sie ist sehr richtig", sagte Zoe.
"Willst du Stella ersetzen?", fragte Marie.
"Ja! Auf jeden Fall! Nur deswegen hab ich angerufen!", rief Zoe.
"Gut. Du könntest morgen kommen und dich zeigen. Dann kann Franziska dich auch kennenlernen", sagte Marie.
"Abgemacht. Tschau. Bis morgen!", sagte Zoe.
"Tschüs", sagte Marie und legte auf.
"Wer war das? Eine, die Stella ersetzen will?", fragte Franziska.
Marie nickte. "Ja."
"Wie heißt die?", fragte Franziska.
"Zoe. Zoe Williams", antwortete Marie. "Sie sieht so aus wie ein Mensch aus Afrika oder der Karibik und wurde in Deutschland geboren."
"Woher kommen denn ihre Eltern?", fragte Franziska
Marie zuckte die Schultern. "Das weiß ich eben nicht. Sie hat es mir nicht gesagt."
"Soll ich sie mal fragen, wenn sie bei uns ist?", fragte Franziska.
Marie nickte dankbar. "Bitte, mach das."
"Solange Zoe noch nicht da ist, könnten wir ja noch ein Geschenk machen. So eins wie das für Paula, verstehst du?", sagte Franziska.
"Ich verstehe sehr gut. Hmm... Eins für... Judith?", sagte Marie.
"Ja! Super! Für Judith!", rief Franziska.
Bald darauf schlichen die beiden mit einem maunzenden Paket zur WG von Evita, Meti und Judith. Als sie angekommen waren, sagte Marie: "Hörst du auch die Stimmen aus dem Fenster ? Das ist doch richtig interessant! Wollen wir erst mal lauschen, bevor wir klingeln und das Paket hinstellen?"
"Ja, ich höre die Stimmen. Ich finde deinen Vorschlag sehr gut", stimmte Franziska ihr zu. Dann horchten sie genau hin.
Judith saß auf einem Sessel und grinste von Ohr zu Ohr. "Hi Nek!", rief sie.
"Hi Judith! Ich hab Stella gesagt, ich bleibe nicht lange hier. Übrigens, hier, ich hab was für dich", sagte Nek.
"Das ist ja lieb." Judith wurde rot und drehte den Kopf weg.
Nek gab ihr ein Päckchen.
Marie lief rot an und verschränkte die Arme. "Der Nachmacher! Er hat unsere Idee geklaut! Er will Judith auch was schenken! So eine Frechheit!", sagte sie empört.
Franziska kicherte. "Hihi, du siehst so lustig aus!"
Judith machte Neks Päckchen auf. "Da ist bestimmt was ganz tolles drin!", sagte sie.
"Wart's ab! Vielleicht nicht!", sagte Nek.
"Mensch Nek, es ist bestimmt toll!", sagte Judith, schloss die Augen und griff ins Päckchen. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass sie eine Perlenkette in der Hand hatte. "Ist die echt?", fragte sie.
Nek grinste. "Verrate ich nicht!"
Judith verdrehte die Augen. "Na gut."
"Judith, ich gehe mal Mandarinen kaufen", sagte Meti.
Judith nickte.
Meti zog ihre Jacke und ihre Schuhe an, schnappte sich ihre Geldbörse und eine Tasche und ging raus.
Kurz darauf klingelte es. Als Judith nicht aufmachte, klingelte es nochmal.
Evita machte auf.
Nek schluckte.
Judith kroch hinter den Sessel. "Schnell, Nek! Komm mit zu mir in mein Versteck!", flüsterte sie Nek zu.
Nek krabbelte nervös zu ihr.
Sie hatten es gerade noch rechtzeitig geschafft, da kam auch schon Stella, das Haupt hoch erhoben, die Hände zu Fäusten geballt, hereingetrampelt. "Nek! Wo steckst du?", schrie sie.
"Der versteckt sich mit Judith hinter dem Sessel", sagte Evita, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Judith zuckte zusammen. Wie konnte Evita sie nur verraten? Was war Evita denn für eine Freundin, wenn sie Judith und Nek verriet? Warum machte sie das denn? Judith fasste es einfach nicht. Sie war entsetzt. Aber um solche Luxusprobleme wie Evita konnte sie sich jetzt leider nicht kümmern. Jetzt musste sie erstmal aus dieser wirklich metertiefen Patsche mit Stella wieder heraus. Und das war nicht gerade leicht. So gar nicht. So gar gar gar nicht.
Stella schob den Sessel wütend zur Seite. "Kurz war der aber nicht gerade, dein komischer mysteriöser Ausflug!", schimpfte sie Nek in einem Tonfall, der ihm offenbar nicht gerade gefiel.
Nek verdrehte die Augen und setzte vergeblich eine unschuldige Miene auf. "'tschuldigung, aber ich hab halt so eine bestimmte Schwäche für Judith! Da kann ich nichts für!", sagte er.
"Ach ja? Und das soll ich dir glauben?", schrie Stella. "Ganz bestimmt nicht! Du hast nur Judith lieb! Mich vernachlässigst du wie eine alte Birne, du! Du bist aber auch ein ganz toller Boyfriend!"
Franziska sah zu Marie. "Hat da etwa jemand Liebeskummer?"
Marie nickte. "Sieht ganz danach aus."
"Aber Stella! Ich lüge dich nicht an! Ich bin mit dir, aber Judith ist irgendwie auch so ein Magnet!", jammerte Nek. "Sie hat eben dieses gewisse Etwas... Diese gewisse... ähm... Pummeligkeit."
"Ich kann gar nicht mehr angucken, wie du den armen Nek schimpfst! Geh weg!", mischte sich Judith ein und sah Stella streng an.
"Selber! Du darfst mir nicht einfach so unverschämt einen Schatz klauen, du gemeine Diebin!", schrie Stella.
Judith schnaubte wütend. "Geh einfach raus!", schrie sie.
Stella schnappte nach Luft. "Glaubst du, ich lasse mir vielleicht was von dir befehlen? Nie im Leben! Ich bleibe so lange hier wie ich will!", zischte sie und streckte Judith die Zunge heraus. Natürlich nicht ironisch, sondern als Beleidigung. Und Judith erkannte das sofort.
Franziska stellte das Paket vor der Tür ab. "Ui, da ist ja was los!", sagte sie und seufzte.
"Nein, tust du nicht!", rief Judith. "Du gehst jetzt sofort in diesem Moment weg und bereust, dass du mich angemotzt hast, Stella! Und ich bleibe bei Nek und muss gar nichts bereuen!" Sie grinste Stella schadenfroh an.
"Du musst gar nichts bereuen? Ha, ha, ha! Du musst alles bereuen, was du gemacht hast!", schrie Stella. "Auf der Stelle! Jetzt!"
Judith schlug sie wütend mit voller Wucht gegen den linken Arm. Das war das einzige, was sie gerade tun konnte, Worte fielen Judith keine ein.
Stella sprang in die Luft. "Ey, du bist total gemein! Du hast mir jetzt den Arm gebrochen! Na toll!", heulte sie ebenfalls wütend.
Judith lachte hämisch. "Geschieht dir recht."
Stella trat sie gegen das Schienbein. "EY!", kreischte sie. "Ihr müsst jetzt Judith töten! Sie ist total böse, versteht mich doch mal! Nek! Töte Judith! Jetzt!"
Judith kämpfte mit den Tränen. "Ihr dürft mich nicht töten!", rief sie.
"Mir ist langweilig. Wir können nur zuhören und das Paket gar nicht abgeben", seufzte Franziska.
"Mir ist auch langweilig", gab Marie zu und setzte sich auf das Paket.
Das Paket maunzte laut.
Marie stand erschrocken auf.
Stella, Judith, Nek und Evita drehten sich um.
Franziska und Marie rannten hastig davon.
Nek
machte die Tür auf und hob das Paket auf. Er schloss die Tür wieder und
machte das Paket auf. Drei Kätzchen kletterten heraus. Das erste war
weiß und hatte ein grünes Halband, auf dem folgendes stand:
Für Judith
Das zweite war schwarz und hatte ein rotes Halsband, auf dem dies stand:
Von Marie und Franziska
Das dritte war schwarz-weiß gefleckt und hatte ein Halsband, an dem ein kleines, goldenes Glöckchen hing.
Stella warf Judith einen bösen Blick zu. "Du hast gewonnen. Die Katzen gehören dir. Aber Nek hat nicht gewonnen, so gar nicht. Er muss nämlich jetzt mit mir nach Hause gehen. Dann wird er schon lernen, nicht mehr so fies zu sein, dieser Nek", sagte sie grimmig und ging hinaus.
Mit hängenden Schultern folgte der arme Nek ihr.
Evita kniete sich zu den Kätzchen und streichelte sie.
Das weiße Kätzchen ließ sich das nicht gefallen und lief fauchend davon.
Das schwarze Kätzchen rollte sich zusammen und schnurrte.
Das schwarz-weiß gefleckte Kätzchen leckte Evitas Hand an.
"Wie wirst du die Katzen nennen?", fragte Evita.
Judith nahm das schwarze Kätzchen in die Hände und betrachtete es. "Stimmt, darüber hab ich mir noch gar keine Gedanken gemacht", sagte sie.
Evita warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. "Du warst ja auch nur damit beschäftigt, mit Stella zu streiten. Kein Wunder, dass du den Katzen kein bisschen Aufmerksamkeit geschenkt hast."
Judith räusperte sich. "Jetzt schenke ich ihnen aber meine ganze Aufmerksamkeit!", rief sie etwas gereizt.
"Wie nennst du denn die weiße Katze?", fragte Evita, die Judith schon so lange kannte, dass sie Judith ihre Emotionen und Gefühle schon vom Gesicht lesen konnte.
Judith blickte zu dem weißen Kätzchen mit dem grünen Halsband. Es hatte sich auf dem Sessel zusammengerollt und schleckte sein Fell ab.
"Hmm", überlegte sie. "Schwere Frage. Natürlich hängt das auch davon ab, ob es ein männliches oder ein weibliches Kätzchen ist."
Evita seufzte gespielt fassungslos. "Das kannst du doch ganz leicht feststellen, indem du es hochhebst und unter es schaust! Ich frage mich echt, wieso du das nicht begreifst! Ist doch ganz einfach, also wirklich! Judith!", sagte sie.
Judith ging langsam und vorsichtig auf das Kätzchen zu. "Ich hab halt bemerkt, dass es temperamentvoll ist. Vielleicht möchte es das nicht", sagte sie.
Evita verdrehte die Augen. "Ist doch egal! Mach jetzt einfach!"
Judith gab sich einen Ruck. Sie schnappte sich mutig das Kätzchen und hielt es hoch.
Es strampelte energisch mit den Beinen und fauchte.
"Es ist weiblich", stellte Judith fest und setzte es auf dem Tisch ab.
Das Kätzchen streckte die Pfote nach ihr aus und kratzte sie.
"Aua!", rief Judith und schaute das Kätzchen ganz streng an.
Evita zog die Augenbrauen hoch. "Das scheint ja nicht gerade eine gute Beziehung zu sein", sagte sie. "Mit mir wäre das bestimmt was anderes, ich denke nämlich, dass ich mich ganz gut mit diesem total süßen Kätzchen verstehen würde."
Judith hob den Zeigefinger. "Das sind nur erste Kontakte!", behauptete sie.
Evita drehte den Kopf weg. "Typisch Judith: Alles abstreiten. Wirklich, das ist richtig typisch."
"Gar nicht!", sagte Judith.
Es klingelte.
Evita
rannte zur Tür und machte sie auf. Vor ihr stand Meti. "Sorry", sagte
sie, "ich hab mal wieder vergessen, den Schlüssel mitzunehmen."
Evita
nickte. "Das vergisst du auch wirklich immer. Na ja, ein bisschen meine
Schuld ist das ja auch. Ich vergesse ja immer, dich daran zu erinnern",
sagte sie.
"Hi Meti", sagte Judith. "Weißt du vielleicht zufällig, wie ich diese kleine Power-Kitty nennen kann?"
Meti
zog ihre Schuhe aus und legte die Mandarinen auf den Tisch. "Hat die
dich gekratzt?", fragte sie und wies auf den Kratzer auf Judiths
Handrücken.
Judith nickte seufzend. "Ja. Sie ist sehr temperamentvoll", sagte sie.
"Das hat Judith auch schon zu mir gesagt", unterbrach sie Evita.
"Wie wär's, wenn wir sie nach einer berühmten temperamentvollen Person benennen?", fragte Meti.
"Mann, warum hast immer du die guten Ideen?", meckerte Evita.
"Sie hat halt bessere Ideen als du", sagte Judith grinsend.
Meti
hockte sich zu der kleinen Katze. "Wo hast du die eigentlich her?",
fragte sie, während sie dem Kätzchen sanft über den Rücken strich. Das
Kätzchen fauchte und machte einen Buckel.
"Ich hab mit Stella
gestritten", erklärte Judith. "Irgendwann hat jemand hinter uns 'Miau'
gemacht. Wir haben uns umgedreht und ein Paket gefunden, in dem die
Kätzchen hier drin waren."
Meti sah zu den anderen zwei Kätzchen. "Stimmt, es gibt ja noch mehr! Hab ich gar nicht bemerkt!", sagte sie.
Evita sah sie entsetzt an. "Die sind doch viiiel süßer! Wie kannst du die nicht bemerken?", rief sie.
Meti zuckte die Schultern. "Keine Ahnung."
"Ähm, Evita", sagte Judith, "gerade eben hast du noch gesagt, dass du das Kätzchen total süß findest."
"Ja, sorry!", rief Evita.
Plötzlich rief Judith so laut, dass Meti vor Schreck in die Luft sprang: "Ich hab was! Das Kätzchen heißt Marlene Dietrich!"
Meti grinste. "Das passt echt gut zu ihm", sagte sie.
Evita hingegen schien alles andere als begeistert. "Echt?", fragte sie. "War die so temperamentvoll?"
"Na ja, Temperament hatte sie schon", sagte Judith.
Evita drehte immer noch nicht begeistert den Kopf weg. "Wenn ihr meint..."
Eine Stunde später hatten auch die anderen beiden Kätzchen einen Namen: Das schwarze Kätzchen hieß Mark Forster und das gefleckte Kätzchen hieß Ronaldo...
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