Letztes Kapitel: Tschüss WGs, hallo Hotel
Am vierundzwanzigsten zwölften
zweitausenddreiundzwanzig um sieben Uhr abends saßen Judith, Meti und
Evita auf der Couch und besprachen, wer mit der Bescherung anfangen
sollte. Schließlich einigten sie sich auf Judith. Judith stand auf, ging
zum Weihnachtsbaum, griff nach einem platten Geschenk, setzte sich
wieder auf die Couch, zerriss das Geschenkpapier und entdeckte eine
Tafel Schokolade. Sie brach ein Stück ab und steckte es sich in den Mund.
"Wer von euch war das?", fragte sie mit vollem Mund.
Meti hob die Hand.
"Ich."
"Echt lecker, danke", nuschelte Judith. "Mmmm."
"Bitte", sagte Meti.
Dann erhob sie sich, kniete sich neben den Weihnachtsbaum und sah sich
alle Geschenke genau an. Schließlich nahm sie sich ein kleines
Geschenk, das mit rot-grün gestreiftem Geschenkpapier verpackt war. Sie
setzte sich wieder auf die Couch, zerriss vorsichtig das Geschenkpapier
und fand ein kleines durchsichtiges Tütchen mit Edelsteinen.
"Welchen Edelstein findest du am schönsten?", fragte Evita neugierig.
Meti
betrachtete alle Edelsteine ganz genau, dann sagte sie: "Das Tigerauge.
Aber der Lapislazuli und der Rosenquarz sind auch sehr schön."
Evita grinste triumphierend. "Hab ich mir schon gedacht, dass du das Tigerauge am meisten magst!"
"Es
erinnert mich irgendwie an meine Kindheit. An Indonesien. An den Dschungel von Sumatra. Obwohl ich
nicht weiß, was Indonesien und das Tigerauge für einen Zusammenhang
haben", sagte Meti.
"Übrigens", sagte Evita, "ich hab die Edelsteine gekauft."
Judith
rammte sie mit dem Ellbogen in die Seite. "Pssst! Evita! Die jungen
Leser glauben vielleicht noch an den Weihnachtsmann!", zischte sie.
Evita
zuckte zusammen. "Äh... äh... Wisst ihr, bei uns kommt der
Weihnachtsmann halt nie, weil... äh... weil... weil er denkt, dass wir
ihn nicht mehr brauchen und nicht mehr an ihn glauben, weil wir schon
erwachsen sind und deshalb müssen wir die Geschenke selber machen,
versteht ihr?", erklärte sie schnell und lächelte unsicher.
Meti nickte bestätigend. Dann blickte sie zu Evita. "Du bist dran, Evita."
Evita
nahm sich ein Geschenk unter dem Weihnachtsbaum hervor und zerriss das
Geschenkpapier. Sie entdeckte eine selbstgebastelte Karte, auf der in
einer ordentlichen Handschrift das stand:
Frohe Weihnachten, Evita!
Außerdem entdeckte sie eine große Dose mit Deo. "Cool, ich wollte sowieso mal wieder ein neues Deo haben", sagte Evita. "Das alte mag ich nicht mehr so gerne, irgendwie ist es jetzt wieder zu normal."
"Ich war das", sagte Meti.
"Dachte ich mir schon", sagte Evita. "Ich hab deine Schrift erkannt."
"Mist!", fluchte Meti ironisch. "Nächstes Mal muss ich meine Schrift fälschen!"
Evita lachte.
Judith, Meti und Evita packten noch viele Geschenke aus. Wie sie es sich gewünscht hatten, bekam Evita unter anderem ein Aquarium mit Guppys, Meti einen Föhn und Judith einen Gutschein für das GlüxxEck. Keines der Geschenke für Evita war von Judith.
"Judith", sagte Evita ein wenig beleidigt, als alle Geschenke ausgepackt waren, "nächstes Mal machst du aber auch für mich Geschenke. Sonst ist das total ungerecht."
"Das war doch gar nicht so unfair!", protestierte Judith. "Statt für dich hab ich für eine andere Person Geschenke gemacht!"
"Das ist gemein!", schrie Evita.
"Komisch", sagte Meti nachdenklich, "eigentlich habe ich nicht doppelt so viele Geschenke bekommen wie Evita."
"Die Person bist ja auch nicht du! Sie ist nicht in unserer WG!", erklärte Judith genervt.
"Du bist fies!", rief Evita. "Und ganz bestimmt verknallt! Geh in dein Zimmer! Ich will mit Meti alleine sein! Mach deinen komischen unfairen Kram doch meinetwegen in deinem Zimmer weiter, aber dann brauchst du auch nicht hier zu stehen und rumzuzicken!"
"Ist mir eh recht", sagte Judith, rührte sich jedoch nicht vom Platz und kramte nur ihr Handy aus ihrer Hosentasche.
"Geh in dein Zimmer, Mensch!", wiederholte Evita.
"Ja, ja, jetzt chill doch mal." Judith tippte verärgert auf ihrem Handy herum und ging in ihr Zimmer.
Evita konnte hören, wie sie dort mit jemandem Video-Chat machte. "Ich würde nur zu gern wissen, wie die Person, mit der sie chattet, aussieht!", zischte sie Meti zu. Die hörte nur mit halbem Ohr zu. "Ja, ich auch", sagte sie leichthin und spielte verträumt mit ihren Edelsteinen.
An
Silvester gingen die WG-Bewohnerinnen zu einer Bar. Viele von ihnen
hatten extra dafür gespart und sich heute etwas schicker als sonst angezogen. Die meisten trugen Hosenanzüge, Röcke, Kleider oder Sachen mit ein bisschen Glitzer. Sie hatten mit den Männern, die Paula, Maria
und Eva im Restaurant getroffen hatten, vereinbart, sich dort mit ihnen
zu treffen.
Ein wenig ehrfürchtig betraten die WG-Bewohnerinnen die große, schick eingerichtete Bar.
An der Tür standen ein paar bullige Türsteher.
Tanja
beeilte sich, hineinzugehen. Sie lief mit schnellen Schritten auf einen
kleinen Tisch zu, den die Türsteher nicht gut sehen konnten.
Ein
Türsteher sah ihr misstrauisch hinterher. Hatte er sie erkannt? Würde er
sie aus der Bar rausschmeißen und ins Gefängnis bringen? Tanja zog
Isabella schnell zu sich.
Isabella, die als einzige ihre normalen Sachen (braune Stiefel, ein orangenes Kleid und ein dunkelrotes Band) trug, setzte sich so hin, dass die Türsteher Tanja nicht gut sehen konnten.
Währenddessen
setzten sich die anderen WG-Bewohnerinnen an den großen Tisch, an dem
die Männer aus dem Restaurant schon warteten.
Der Abend verging schnell. Für manche, wie unter anderem Jenny, die sich sehr freute, ihren ehemaligen Tanzpartner wiederzusehen und sich extra sehr schick angezogen und ordentlich geschminkt hatte, sogar zu schnell. Auch Judith, die dem Mann mit dem dunkelgrünen Pullover verdächtig viel Aufmerksamkeit schnenkte, schien den Abend viel zu kurz zu finden.
Die Reihenfolge, wie die WG-Bewohnerinnen neben den Restaurant-Männern saßen, war so: Am einen Ende saß der Mann mit dem dunkelgrünen Pullover, daneben Judith Schulz, dann Meti Dewi, neben Meti Evita King, neben Evita Lia Kiowski, dann Runa Groß, daneben Jenny Mboumba, neben Jenny ihr ehemaliger Tanzpartner, neben ihm der rothaarige Mann, der ebenfalls beim Tanzball dabei gewesen war, neben ihm der schwarzhaarige asiatische Mann mit dem schwarzen Carhartt-Pullover, neben ihm Vanessa Martínez, dann Vera Wang, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Mann hatte, neben Vera natürlich Lisa Meyer, neben ihr Franziska Müller, dann Marie Schmidt, neben Marie Zoe Williams, daneben Nek Wessel, dann Stella Sanchez, neben Stella Christina Gonzalez, daneben selbstverständlich Greta Kowalski, die ihre roten High-Heels, die sie bei Deichmann gekauft hatte, trug, neben ihr Marlen Kowalski, dann Tom Schwarz, daneben Mark Schwarz, neben Mark Julia Schuhmacher, neben Julia Lina Chen, neben Lina Anne Winter, neben Anne Charlotte Hildebrandt mit Merle Hildebrandt, neben Charlotte Carla Amadou, neben Carla Eva Gomez, neben Eva Maria Hong, neben Maria Paula Königer, und am anderen Ende des Tischs das Ehepaar Schuhmacher (also Nandre Schuhmacher und Zarah Schuhmacher, ehemalige Zarah Payet).
Am ersten und zweiten Januar zweitausendvierundzwanzig packten die WG-Bewohnerinnen die Koffer für ihre lange Reise in die Bahamas. Sie würden vom Flughafen Hannover aus nach London fliegen, dort für eine Nacht in einem Hotel übernachten und um vier Uhr nachmittags dann in die Bahamas fliegen. In der Wartezeit hätten sie noch genug Zeit, um Sehenswürdigkeiten wie das London Eye, die Tower Bridge und den Big Ben zu besichtigen.
Es
war der zweite Januar. Graue Wolken zogen am Himmel vorbei. Es
nieselte. Judith saß in ihrem Zimmer auf dem Boden und stopfte gerade
hektisch ihre Lieblingssocken in ihren Koffer, da klingelte ihr Handy.
"Och nee", stöhnte Judith, "ich hab doch schon genug Stress!" Seufzend
griff sie nach ihrem Handy und ging ran. "Ja, hallo..."
"Hi Judith! Ich bin's, Abdul!", tönte es aus dem Handy.
"Super... Was gibt's?", murmelte Judith nicht sonderlich fröhlicher.
"Vorgestern,
in der Bar, da hast du ja erzählt, dass ihr von London aus in die
Bahamas fliegt. Wir fliegen morgen nach London!", erzählte Abdul.
"Cool! In welcher Reihe sitzt du?", rief Judith schon deutlich begeisterter.
"Siebenundzwanzig C", erwiderte Abdul.
"Oha!",
rief Judith. "Meine Sitzplatznummer ist siebenundzwanzig D! Und Metis
und Evitas Sitzplatznummern sind siebenundzwanzig A und siebenundzwanzig
B!"
"Super! Jetzt muss ich leider auflegen, weil ich noch die Koffer packen muss", sagte Abdul. "Tschüss, Judith! Wir sehen uns im Flugzeug!"
"Tschüss!" Judith legte auf.
Plötzlich kam Evita in ihr Zimmer. "Mit wem hast du telefoniert?", fragte sie.
"Woher weißt du denn, dass ich telefoniert hab?", wollte Judith wissen.
Evita antwortete nicht. "Hörst du nicht, dass ich dich was frage? Mit wem hast du jetzt telefoniert?", fragte sie eindringlich.
"Mit Abdul", seufzte Judith.
"Du bist also in enen Abdul verknallt!", sagte Evita.
Judith sah sie nicht an und packte wieder ihre Sachen ein.
Evita stolzierte davon.
"Mann, was hab ich dir denn jetzt schon wieder getan?", rief Judith.
Doch Evita hörte sie nicht mehr oder tat jedenfalls so.
Judith knallte die Tür zu. Das war genug. Jetzt wollte sie alleine sein und nicht mehr an Evita denken, viel mehr an Abdul...
Am
nächsten Morgen versammelten sich die WG-Bewohnerinnen vor den WGs beim
Abgrund. Sie warteten auf Nek und Tom. Bald darauf kamen die beiden
Männer auch schon.
"Ich hab meinem Vater gesagt, dass er das Auto
fahren kann, wenn ich mit euch wegfliege. Er wartet beim Flughafen",
erklärte Nek.
"Mein Auto bleibt einfach die ganze Reise über im
Parkhaus vom Flughafen Hannover stehen. Es kann nicht gestohlen werden.
Ich werde es gut abschließen", sagte Tom. Er und Nek liefen mit den
WG-Bewohnerinnen zu ihren Autos.
"In meinem Auto können außer mir
noch vier Personen sitzen. Eine neben mir auf dem Beifahrersitz, hinten
drei", sagte Nek. Er setzte sich ans Steuer.
Stella setzte sich schnell neben ihn. Nek lächelte ihr zu. "Ich wollte sowieso, dass du hier sitzt", sagte er.
Hinten
setzten sich Franziska, Marie und Zoe hin und packten ihre Koffer in
den Kofferraum. Sie schnallten sich an und Nek startete den Motor. Schon
bald konnte Tom das Auto nur noch als eine kleine Staubwolke am
Horizont erkennen. "Mein Auto hat auch insgesamt fünf Sitze", sagte er.
"Ich sitze vorne, neben mir jemand und hinter mir drei Personen."
Marlen setzte sich auf den Beifahrersitz.
Auf die drei Plätze hinten setzten sich Paula, Maria und Eva.
Tom lud die Koffer in den Kofferraum und stieg ein.
Sie schnallten sich an und Tom fuhr los.
"Was machen wir jetzt?", fragte Lina. "Wir haben die Menge an Sitzplätzen überschätzt. Wir können nicht mit in die Bahamas."
"Ich kann Mark schreiben, dass er uns fahren soll", sagte Julia. "Er wohnt nicht weit von hier."
"Gut!", sagte Lina ernst. "Mach das."
Julia tippte die Nachricht an Mark und zwei Minuten später war er mit seinem Auto bei ihnen.
Julia stieg schnell neben ihm ein, hinten setzten sich Lina, Isabella und Tanja hin.
Als alle Koffer hinten verstaut waren, startete Mark den Motor und sie schnallten sich an.
"Wie kommen wir wohl auch noch zum Flughafen?", fragte sich Judith.
"Wir könnten Nandre verständigen", schlug Meti vor.
Evita schrieb Nandre eine Nachricht.
Bald
darauf erschien sein großer silberner Wagen. Die Fensterscheiben waren
getönt, die Reifen groß und neu und das Dach mit Rosen aus Nandre und
Zarahs Garten geschmückt. Der Wagen sah so ähnlich wie die Limousine,
mit der Nandre und Zarah bei ihrer Hochzeit gefahren waren, aus. So
einen protzigen Riesen-Pomp-Wagen konnten sich auch wirklich nur Zarah und Nandre leisten, fand
Judith.
Nandre stieg aus. "Sieben Personen können hier sitzen, weil Zarah nicht mitgekommen ist. Wer sitzt neben mir?"
"Du!", flüsterte Jenny Lia zu und schubste sie unhöflich nach vorne. Offenbar wollte sie mit Runa alleine sein und Lia loswerden.
"Ich kann das machen", sagte Lia und blickte kurz zu Jenny, die sie schadenfroh angrinste. Lia senkte den Kopf und lud ihren Koffer in den Kofferraum. Sie setzte sich brav auf den Beifahrersitz und schnallte sich an.
"Okay", sagte Nandre. "Wer sitzt in der zweiten Reihe?"
"Wir!", rief Evita, bevor jemand anderes sich melden konnte. Sie, Meti und Judith verstauten schnell ihre Koffer und stiegen ein.
Hinter
ihnen setzten sich Vera, Vanessa und Lisa hin. Als sie ihre Koffer in
den Kofferraum verladen hatten und Nandre den Kofferraum zugeklappt
hatte, stieg er ein, schloss die Tür und fuhr los.
Charlotte, Merle, Carla, Anne, Greta, Christina, Runa und Jenny blieben zurück.
"Wie kommen wir jetzt auch noch rechtzeitig zum Flughafen?", fragte Greta demotiviert.
"Du kannst doch den kontaktieren, mit dem du ein Kind gekriegt hast", sagte Carla zu Charlotte.
Charlotte zuckte zusammen. Schweiß bildete sich augenblicklich auf ihrer Stirn. "Auf keinen Fall!", rief sie sofort und umklammerte demonstrativ mit den Händen Merles Arme.
"Wieso nicht?", fragte Anne, die die Idee mit Merles Vater offenbar sehr gut fand.
Charlotte schwieg. In ihrem Gesichtsausdruck lag etwas beleidigtes.
"Wir können mit der U-Bahn fahren!", schlug Christina vor. "Das ist auch für uns praktisch, weil wir da mit dem Rollstuhl auch reinpassen!" Sie zeigte mit dem Finger auf sich und Greta, welche zustimmend nickte.
Jenny fragte sich, wie Christina in dieser stressigen Situation so gechillt bleiben konnte.
Christina sah nicht, wie sie ihr einen hasserfüllten Blick zuwarf.
"Ich will auch so chillig sein!", sagte Jenny.
Christina bemerkte den neidischen Unterton in ihrer Stimme und grinste Jenny angberisch an.
Als Jenny merkte, dass sie mit ihrem Kommentar nichts erreichen konnte und Christina gewonnen hatte, zischte sie sauer: "Das ist viel zu langsam!"
"Was ist zu langsam?", fragte Greta gutmütig.
"Die U-Bahn!", sagte Jenny genervt.
Wie
Charlotte, Merle, Carla, Anne, Greta, Christina, Runa und Jenny es am Ende doch
noch schafften, rechzeitig im Flughafen anzukommen, das weiß man nicht,
doch man weiß, dass sie es geschafft haben. Sie rannten so schnell sie
konnten zum Check-In zu den anderen und gesellten sich zu ihnen.
Marlen
war gerade dabei, etwas zu verkünden. "Leute", sagte sie, "wusstet ihr
schon, dass nicht nur wir in die Bahamas reisen, sondern noch jemand?"
Tom zwinkerte ihr verräterisch zu. "Die Person ist ein Baby, das gerade in Marlens Bauch heranwächst", sagte er.
"Es ist zurzeit kaum größer als eine Zitrone", erklärte Marlen. "Na ja, schon etwas größer. So zwischen einer Zitrone und einer Orange. Es wächst sehr schnell."
Die
WG-Bewohnerinnen, Tom und Nek waren dran. Sie gaben ihre Koffer beim
Check-In ab und gingen zur Sicherheitskontrolle. Als sie mit der
Sicherheitskontrolle fertig waren, liefen sie zum Passkontrollschalter.
Danach begaben sie sich zum Gate für den Flug nach London. Dort warteten
sie ungefähr einundhalb Stunden, dann ertönte folgende Durchsage: "Das
Boarding für den Flug nach London hat begonnen." Greta und Christina waren schon vorher zum Flugzeug begleitet worden, weil sie wegen der Rollstühle nicht normal anbordgehen konnten.
"Was ist denn so ein Boarding?", fragte Franziska Marie.
"Boarding ist... Na ja... Auf englisch heißt Boarding anbordgehen", sagte Marie.
Die
WG-Bewohnerinnen, Tom und Nek stellten sich beim Schalter an, ließen
ihre Tickets kontrollieren und gingen durch die Gangway ins Flugzeug.
Julia
setzte sich neben Lina auf einen Sitz, Tanja neben Isabella, Marie
neben Franziska, Evita neben Meti, Judith neben Abdul, Maria neben
Paula, Eva neben Vanessa, Vera neben Lisa, Jenny neben Runa, Lia neben
Jennys Tanzpartner, Marlen neben Tom, Stella neben Nek, Charlotte neben Carla und Anne neben Zoe.
Als
alle Passagiere an Bord waren, startete der Pilot den Motor und machte
eine Durchsage, in der er sich vorstellte, die Passagiere willkommenhieß
und erklärte, wie lange der Flug dauern würde. Außerdem erklärte er, dass es während dem Flug zu normalen Turbulenzen kommen könnte.
Das Flugzeug rollte die Startbahn entlang und wurde dabei immer schneller. Dann... hob es ab.
Marie hob ihren Arm. Sie spürte, wie der Druck ihn sofort wieder nach unten drückte.
Eine Stewardess stellte sich in die Mitte des Ganges. Sie zeigte, wie man eine Sauerstoffmaske aufsetzt und eine Rettungsweste anzieht.
Judith
blickte sich unauffällig um, um sicherzugehen, dass sie niemand
beobachtete. Als sie meinte, es wäre ein unbeobachteter Moment, holte
sie ein kleines Amulett aus ihrer Hosentasche. Sie wollte es gerade
heimlich Abdul in die Hand drücken, da sah Meti plötzlich zufällig zu ihr herüber.
Judith zuckte zusammen und ließ das Amulett blitzschnell in ihrer Hosentasche verschwinden.
Meti
sah ihr interessiert dabei zu, dann drehte sie sich zu Evita. "Evita",
sagte sie, "Judith wollte dem Mann neben ihr gerade etwas geben. Interessant, ne? Der Mann findet das sicher sehr nett von Judith."
Evita
blickte gelangweilt aus dem kleinen, ovalen Fenster. Sie sah dunkle
Wolken. Weit unter ihr lag Hannover. "Ja, das kann gut sein. Der Mann
heißt Abdul. Ich glaube, Judith ist in ihn verknallt. Was heißt schon, ich glaube. Es ist so. Judith ist in diesen Abdul verknallt. Das ist doch typisch." Evita zog die
graue Fensterblende herunter.
Judiths Herzschlag beschleunigte sich
ein wenig. Sie versuchte, so unauffällig wie möglich auszusehen und
blickte auf die Uhr. In ungefähr vierzig Minuten würde das Flugzeug in
London landen.
Plötzlich fragte Abdul: "Was werdet ihr in den Bahamas so machen?"
Judith
warf einen schnellen Blick auf Meti. Sie beobachtete interessiert
Judiths Hand. Hatte sie Abduls Frage gehört? Würde sie Evita sagen, dass
Abdul von der Reise in die Bahamas erfahren hatte?
Judith sah zu Evita. Sie scrollte auf ihrem Handy herum.
"Äh... wir werden uns entspannen", sagte Judith nervös.
Abdul nickte.
"Was werdet ihr machen?", fragte Judith.
"Wir werden Sehenswürdigkeiten besichtigen", sagte Abdul.
Nach ungefähr vierzig Minuten landete das Flugzeug in London.
Die WG-Bewohnerinnen, Tom und Nek stiegen aus und liefen zum Hotel, in dem sie übernachten würden.
Paula, Maria und Eva liefen ein wenig hinter den anderen.
Maria
sah die dunkelrote Handtasche, die mitten auf dem Bürgersteig lag,
nicht und lief einfach weiter. Ihr Fuß berührte die Tasche, sie verlor
das Gleichgewicht und fiel auf den harten Boden.
"Nö", sagte Eva. "Du bist über die Tasche da gestolpert.
"Wem gehört die Tasche?", fragte Maria und rieb sich das Bein.
"Wahrscheinlich der etwas älteren Dame, die dort mit ihrem Hündchen auf der Bank sitzt", vermutete Paula.
"Warum lässt die ihre Tasche wohl miten im Weg stehen, Es ist doch klar, dass jemand darüber stolpert!", regte sich Maria auf.
"Ihr nicht", sagte Eva.
"Ich frage mich, warum diese Frau sich nicht entschuldigt!", sagte Maria empört.
"Dann fragen wir sie eben", beschloss Paula.
"Ohne mich!", sagte Eva sofort. "Das ist doch viel zu peinlich! Geht ihr doch zu zweit!"
Paula und Maria gingen auf die ältere Dame zu. Sie hatte ein runzliges Gesicht mit vielen Fältchen und auf ihrer Nase saß ein kleiner vergoldeter Zwickel.
Als das Hündchen der Dame bemerkte, dass sich Paula und Maria seinem Frauchen näherten, knurrte es leise.
"Why don't you say 'sorry'?", fragte Maria die ältere Dame, als sie so nah an sie herangekommen war, dass sie sie gut verstehen konnte, wenn sie schwerhörig war.
Die Dame schnappte empört nach Luft. "Because it's not my fault!", schrie sie. "You walked into my bag! You were careless!"
"Mein Gott, schreien sie doch nicht so!", beschwerte sich Paula und wich einen Schritt zurück.
"What?", rief die alte Dame. "I'm don't speak german!"
"Ach, egal", sagte Paula und wandte sich zum gehen.
"I'm don't speak german!", wiederholte die alte Dame aufgebracht.
Paula lief schnell mit Maria und Eva weg.
Die alte Dame sah den drei mit finsterem Blick hinterher, dann griff sie nach ihrer Tasche und warf sie nach ihnen. Die ungewöhnlich schwere Handtasche fiel auf Evas Fuß. Eva fiel zu Boden. "Auaaa!", schrie sie. "Hilfe! Help! Can you help me please?"
Paula und Maria versuchten, ihr wieder aufzuhelfen.
"Alles gut, Eva?", fragte Maria vorsichtig.
"Nein!", sagte Eva.
"Help!", rief Paula.
"Police!", rief Maria.
"Aua! Auaaa! Can you help me please?!", rief Eva.
"Das kleine Wehwehchen ist bestimmt gleich wieder weg", versuchte Paula sie zu beruhigen.
"Von wegen kleines Wehwehchen! Ich hab mir den Fuß gebrochen!", schrie Eva.
Kurz herrschte Stille, dann sagte Maria leise: "Vielleicht ist ja gar nicht die alte Dame daran Schuld. Eigentlich war ich unvorsichtig und habe sie provuziert."
Eva schwieg und betrachtete ihren Fuß.
"Quatsch", sagte Paula. "Die alte Dame ist auch Schuld. Sie hat ihre Tasche mitten auf den Weg gestellt."
Die
englische Polizei kam und klärte die Situation. Die alte Dame wurde
wegen Körperverletzung verhaftet. Die englische Polizei brachte Eva zum
Arzt. Paula und Maria begleiteten sie. Der Arzt sagte, dass Eva
mindestens zwölf Tage nicht gehen dürfe und erst später in die Bahamas
könne. Paula und Maria versprachen Eva, mit ihr Video-Chat zu machen.
Dann machten sie sich traurig auf den Weg zu ihrem Hotel. Dort buchten
sie Evas Ticket für den Flug in die Bahamas um. Den ganzen Rest des
Tages verbrachten sie im Hotel. Am nächsten Morgen verließen sie es auch
nicht.
Evita, Meti und Judith hingegen gingen schon um halb sieben
raus, um in einem Café zu frühstücken. Außerdem wollten Evita und Meti
Sehenswürdigkeiten besichtigen.
"Warum isst du so wenig?", fragte Evita Judith, als sie im Café auf Judiths fast gar nicht angerührten Teller schaute.
"Ich hab noch nicht so viel Hunger. Ich esse später noch was", antwortete Judith.
Evita und Meti aßen genüsslich ihr Essen auf und standen auf. Meti bezahlte.
"Kommst du mit zum London Eye?", fragte Evita Judith.
"Nein",
sagte Judith. "Das mache ich später. Ich bleibe erstmal noch ein
bisschen hier und versuche, das Essen doch noch aufzuessen."
"Wie du willst", sagte Evita und machte sich mit Meti auf den Weg zum London Eye.
Judith
blieb im Café zurück. Sie blickte auf die Uhr. In zwei Minuten war sie
mit Abdul verabredet. Judith biss in ein Brötchen mit Orangenmarmelade.
So eins würde Abdul bestimmt auch essen.
Plötzlich
hielt jemand Judith die Augen zu. "Sorry, dass ich zwei Minuten zu früh
bin", sagte die Person. Judith erkannte die Stimme sofort. Es war die
von Abdul."Abdul!", sagte sie und löste seine Hände von ihrem Kopf. "Du hast mich aber erschreckt! Was willst du essen? Ich schaffe das hier nie im Leben alleine."
Abdul
setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Zusammen aßen sie das
Frühstück auf, dass Evita für Judith bestellt hatte. Nachdem sie
aufgegessen hatten, blieben sie noch eine Weile sitzen und tranken ihre
Getränke.
Die Zeit verging sehr schnell.
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